Andreas Kuhlmann, Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutschen Energie-Agentur (dena), plädiert in einem Gastbeitrag im Handelsblatt für eine CO2-Finanzreform, die eine möglichst große Dynamik für Energiewende und Klimaschutz auslösen kann. Als Ausgangspunkt schlägt Kuhlmann die Befreiung aller Verbraucher von der Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG-Umlage) vor, weil diese den Energieträger Strom im Vergleich zu fossilen Kraft- und Brennstoffen verteuert. Dadurch fehle es an Anreizen für die Nutzung von Strom aus erneuerbaren Energien in allen Sektoren.
Zur Finanzierung der über 25 Milliarden Euro im Jahr, die aktuell über eine EEG-Umlage von 6,4 Cent pro Kilowattstunde (kWh) abgedeckt werden, könnten stattdessen vor allem drei Instrumente dienen: erstens, eine Verdopplung der Stromsteuer um 2 Cent pro kWh, weil das dem Bund eine sichere Einnahmequelle garantiert und immer noch eine beträchtliche Entlastung der Stromverbraucher um rund 4,5 Cent pro kWh ermöglicht; zweitens, ein CO2-Mindestpreis im bestehenden EU-Emissionshandel von zunächst 30 oder 40 Euro pro Tonne; drittens, eine Reform der Energiesteuern, so dass CO22-Emissionen auch in den Sektoren einen Preis bekommen, die bisher nicht am EU-Emissionshandel teilnehmen, also Gebäude, Verkehr und Landwirtschaft.
Mit einer solchen CO2-Finanzreform könne ein komplexes Regelwerk wie das EEG entschlackt und die Nutzung von Strom aus erneuerbaren Energien in allen Sektoren erleichtert werden. Gleichzeitig würden Haushalte und insbesondere mittelständische Unternehmen über den deutlich niedrigeren Strompreis entlastet.
Interessen-Ausgleich und zusätzliche ökonomische Anreize
In einem ergänzenden Statement weist Kuhlmann darauf hin, dass das Vorhaben in einen breiten Dialog eingebettet und mit weiteren Instrumenten verbunden werden sollte:
„Gegenwärtig gibt es eine Reihe von Vorschlägen für eine Bepreisung von CO2. Ihre Wirkung und Akzeptanz hängen erheblich von der konkreten Ausgestaltung und der verfügbaren Datengrundlage ab. Diese Fragen können nur in einem Gesetzgebungs- und Dialogprozess gelöst werden, in dem die relevanten Interessengruppen aus Gesellschaft und Wirtschaft intensiv eingebunden sind. Dabei sollte die Politik die Kernelemente verbindlich vorgeben, damit die Reform rasch vorankommt.
Für alle Modelle gilt: Zusätzlich zur CO2-Bepreisung sind weitere Maßnahmen notwendig. Politik muss vor allem auch über Förderprogramme den Wechsel zu klimafreundlichen Lösungen erleichtern und ökonomische Instrumente wie die steuerliche Abschreibung der energetischen Gebäudesanierung nutzen. Ergänzende Bonus-Malus-Regelungen im Gebäudebereich und im Verkehrssektor sollten klimafreundliche Entscheidungen belohnen und klimaschädliche verteuern. Das gibt weitere ökonomische Anreize und fördert den sozialen Ausgleich. Schließlich können ordnungspolitische Regelungen in den einzelnen Sektoren die CO2-Bepreisung sinnvoll flankieren.
Klar ist: Eine wirkungsvolle Reform, die klimafreundliche Investitionsanreize setzt und gleichzeitig für Verteilungsgerechtigkeit sorgt, kann nicht allein mit energierechtlichen Veränderungen erreicht werden. Es bedarf des Engagements und Austauschs der verschiedensten Politikfelder. Dafür ist die Zusammensetzung des Klimakabinetts bereits eine sehr gute Grundlage.“
Zum kompletten Beitrag von Andreas Kuhlmann im Handelsblatt